• Ein Tag im Leben einer Sans-Papiers

    Ein Kurzfilm der Züri City Card

    Szene 1

    Der Film beginnt in einem dunklen Zimmer, maximal eine Sekunde lang ist nur dämmerndes Licht und die Umrisse eines Zimmers erkennbar. Dann, mit lautem Zischen, wird eine Bettdecke weggezogen. Darunter liegt ein gerade noch schlafendes Kind.

     

    Szene 2

    Eine Person, es ist offenbar die Mutter, läuft aus dem Türrahmen. Sie sagt auf Spanisch, das Frühstück stehe bereit. Aufstehen!

     

    Szene 3

    Das Kind löffelt Müesli aus der Schale. Der Kopf reicht knapp über die Tischkante. Die Kamera frontal ins Gesicht. Etwas Anderes ist nicht zu sehen. Das Kind löffelt langsam, etwas verspielt.

     

    Szene 4

    Die Mutter kommt in die Küche, zu sehen ist jedoch nur, wie sie dem Kind den Chindsgi-Bändel über den Kopf legt, dann legt sie einen Schlüssel auf den Tisch. Der Aufprall ist laut. Sie sagt, Catherine warte um 11 Uhr auf ihn. Er solle sich fürs Essen bedanken. Sie hole ihn um 17 Uhr wieder ab. «Ich hab dich lieb». Sie küsst das Kind auf die Wange. Erstmal ist kurz ihr Gesicht zu sehen.

     

    Szene 5

    Kind beim Essen. Vom Hauseingang ruft die Mutter: «Vergiss nicht, die Türe abzuschliessen».

     

    Szene 6

    Die Mutter im Tram. Teile des Trams zu sehen, sonst Blick auf die vorbeirauschende Gegend.

    Szene 7: Immer noch im Tram. Mutter mit zusammengefalteten Händen auf dem Schoss. In den Fingern ein Kreuz. Sie dreht und knetet es.

     

    Szene 8

    Sie steigt aus dem Tram. Schnellen Schrittes geht es entlang einer Strasse. Von hinten gefilmt.

     

    Szene 9

    Klingeln in einem Hauseingang.

     

    Szene 10

    Im Treppenhaus, drei, vier Schritte vor der Wohnung. Die Türe ist bereits offen.

     

    Szene 11

    Im Korridor, im Hintergrund lautes Staubsaugen zu hören.

     

    Szene 12

    Eine kleine Küche, von hinten eine ältere Frau erkennbar, sie liest weder eine Zeitung noch isst sie. Sie sitzt einfach da. Es ist so leise, dass man das Klick Klack der Wanduhr oder der Armbanduhr der alten Frau hört.

     

    Szene 13

    Hauseingang, «Danke, danke» von der alten Frau, sie ist nicht erkennbar, man sieht nur die Schuhe der Mutter, die alten Holztreppen hinunter.

     

    Szene 14

    Die Tür schlägt laut auf, unten hört man Autos vorbeifahren. Sie schreitet offenbar zum nächsten Termin.

     

    Szene 15

    Ungepflegter Mann mit grimmem Blick öffnet die Tür. Die Mutter will rein, er bleibt für einen kurzen Moment stehen. Machtdemonstration.

     

    Szene 16

    In der Küche, die unordentlich ist. Überall stehen Sachen rum. Sie packt an, er steht im Türrahmen. Schaut kontrollierend. Kamera wieder zurück zur Mutter, man erkennt, dass sie sich unwohl fühlt, beobachtet, gestresst, ängstlich.

     

    Szene 17

    Die Tür schlägt zu. Sie läuft auf die Strasse. Daneben Büsche. Sie bewegt die Hände und Arme so, als würde sie sie waschen. Sie macht sich die Frisur. Ist in der Wohnung und mit dem Mann sonst noch was vorgefallen? Lautes Ausatmen.

     

    Szene 18

    Die Tür geht nur einen Spalt weit auf. Unten ein Kind, oben eine Frau. Südamerikanerin. Die Tür geht auf. Die Mutter freut sich laut, die Frau bittet, leise zu sein. Zeigt das mit Handzeichen, ohne etwas zu sagen.

     

    Szene 19

    Frau überreicht Mutter das Baby. Sie hält es hoch, ist überglücklich. Lacht. Dreht sich im Kreis, sagt etwas auf Spanisch, nicht übersetzt. Küsst es auf die Stirn.

     

    Szene 20

    Runder Tisch. Frau hat das Baby im Arm, gibt ihm die Brust. Beide sind im Bild. Links die Frau, rechts die Mutter. Die Frau sagt, dass «sie» es noch nicht wissen. Es ist unklar, wer damit gemeint ist. Wahrscheinlich die Vermieter. Oder die Nachbarn. Oder die Arbeitgeber. Und dann: Sie wisse noch nicht, wie sie es machen werde. Auch hier: Unklar, was sie damit meint. Wahrscheinlich zu arbeiten und gleichzeitig auf das Baby aufzupassen. «Ich nehme es mit».

     

    Szene 21

    Die Mutter wieder in der eigenen Wohnung. In der Küche, Abendessen zubereiten. Von weitem ist das Kind zu hören. Es spielt laut, kommentiert, nimmt Rollen der Spielfiguren ein.

     

    Szene 22

    Beide am Tisch. Man hört beide Essen.

     

    Szene 23

    Die Mutter deckt das Kind mit der Decke zu. Singt, leise. Es ist dunkel.

     

    Szene 24

    Mutter schaut am Fenster auf die Strasse unten. Es regnet. Autos fahren vorbei. Ein Polizeiwagen steht am Strassenrand.