• Die Züri City Card ist urliberal

    Warum Liberale am 15. Mai 2022 Ja zur Züri City Card stimmen

     

    Anders als im Artikel vom 19. April 2022 dargestellt, ist die Züri-City-Card urliberal. Sans-Papiers sind ein Thema in grossen Städten wie Zürich, und Massnahmen, sie besser in das städtische Leben einzubinden, werden weder weniger noch mehr Sans-Papiers anziehen. 

     

    Ob und wie grundlegend die Züri-City-Card das Leben der Sans-Papiers verbessern wird, weiss niemand. Die Vermutung liegt nahe, dass die Card Alltagsdruck wegnehmen und Zugang zu elementaren Bereicherungen des Lebens wie Lesen, Sport oder Freizeit ermöglichen wird. Die Karte weist jede Zürcherin als eine Bewohnerin (aber nicht Bürgerin) dieser Stadt aus – unabhängig vom rechtlichen Status, der selbstverständlich nicht infrage gestellt werden darf. Sie ist im Kanton oder in der Restschweiz nicht gültig? Das ist sogar besser, denn das macht sie noch wertvoller. Zürich ist mit einer solchen Karte in guter Gesellschaft: Viele liberale US-Gliedstaaten geben Führerausweise an illegal eingereiste Immigranten aus. 

     

    Auch das legalistische Argument ist ein Rohrkrepierer: Dem Gesetz nach müssten die Hausbesitzer am Ufer des Zürichsees ihre widerrechtlich annektierten Ufer der Öffentlichkeit zugänglich machen – hier wird dann eine «Ufer-Card» gezogen. Sind für Liberale aber vor dem Recht nicht alle gleich? Früher hätten Liberale darin phantastische Geschäftsmöglichkeiten gesehen, nun sehen sie die Card als eine Art Spurabbau am Bellevue. Aber es überrascht nicht, dass viele Liberale im privaten Gespräch Card-agnostisch sind oder die Züri-City-Card gar gut finden. Wir Liberale sollten die Züri-City-Card bejahen und sie dann nach unseren Vorstellungen formen.

     

    Dieser Text erschien in der NZZ-Ausgabe vom 29. April 2022.

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    Der Mitgründer des Strategie-Thinktanks arthesia mit Büros in Hong Kong, Zürich und Los Angeles berät Unternehmen, Organisationen, Städte und Regionen bei Neupositionierungen sowie Avantgarde-Projekten und gilt als einer der Masterminds des Projektes "Autostadt" in Wolfsburg, hat die Idee, Strategie und Inhalt des Airport City-Grossprojektes "The Circle" am Flughafen Zürich sowie die Idee "LabCampus" für den Flughafen München entwickelt. Quelle: Managementcirclee